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Rätselhafte Redensarten

28.05.2020

Beim Sortieren alter Bücherkisten fällt mir ein leicht angegilbter Band in die Hände: “Deutsche Redensarten und was dahinter steckt”, 1960 zusammengetragen von Kurt Krüger. Viele der Sprachbilder, die der Autor dort gutgelaunt erklärt, kenne ich noch von meinen Großeltern, manche der Formulierungen sind schon vollständig aus dem Wortschatz verschwunden, andere noch immer im Gebrauch.

Wer Sprachbildgeschichten interessant findet, der liest hier mein kleines Best-of:

“Aus dem Ärmel schütteln”: Im späten Mittelalter kommen weite, taschenförmige Ärmel in Mode, in denen die Leute alles Mögliche transportieren. Taschenkünstler und Zauberer fördern außerdem Überraschendes aus dem Stoff zutage. Heute steht die Phrase “Aus dem Ärmel schütteln” nur noch für eine, scheinbar mühelose und egal in welchem Outfit erbrachte Leistung.

“Ins Fettnäpfchen treten”: Im Erzgebirge steht vor langer Zeit zwischen Tür und Ofen ein kleines Gefäss mit dessen Inhalt sich die Heimkehrer die nassen Stiefel einschmieren sollen. Wer versehentlich gegen das Pöttchen tritt, so dass es umfällt, verärgert die Hausfrau mit Fettflecken auf den Holzdielen. Später bleibt dann nur noch der Gedanke des Verprellens durch verbale Ungeschicklichkeit.

“Es hat geklappt!” Der Satz stammt aus einer Zeit, in der Jäger, Bauern und Wegediebe Fallen stellen. Wenn die zuschnappen, bedeutet das sichere Aufliegen der Klappe über der Beute den ersehnten Erfolg.

“Sich freuen wie ein Schneekönig”: Der kleine Vogel Zaunkönig wird auch Schneekönig genannt. Weil er auch im kältesten Winter singt und nicht verstummt, unterstellt man ihm eine optimistische und positive Einstellung.

“Zwischen den Zeilen lesen”: In den alten Übersetzungen fremdsprachlicher Texte stehen die Anmerkungen zur Bedeutung des Inhalts tatsächlich handschriftlich zwischen den Zeilen des Originals. Übrig bleibt der Gedanke, dass wir aus einem Text deutlich herauslesen, was nicht ausdrücklich dort steht.

Haben Sie kürzlich mal eine Redewendung gehört, bei der Sie sich gefragt haben, woher sie wohl kommt? Schreiben Sie mir, vielleicht kennt mein altes Buch die Antwort.



Von Vera Anders, die im Rheinland lebt und dort sprachlich und kreativ unterwegs ist.